Bundeskabinett verabschiedet Entwurf des Pflegestärkungsgesetzes II
Das Bundeskabinett hat am 12. August 2015 den Entwurf des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes (PSG II) beschlossen. Mit diesem Gesetz wird der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff in die Praxis umgesetzt. Das Gesetz soll am 1. Januar 2016 in Kraft treten. Das neue
Begutachtungsverfahren und die Umstellung der Leistungsbeträge der Pflegeversicherung sollen zum 1. Januar 2017 wirksam werden.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe: "Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff wird jetzt endlich Wirklichkeit. Diese Reform nutzt allen – den
Pflegebedürftigen, ihren Angehörigen und unseren Pflegekräften – denn der tatsächliche Unterstützungsbedarf wird besser erfasst. Über die Leistungshöhe entscheidet künftig, was jemand noch selbst
kann und wo sie oder er Unterstützung braucht – unabhängig ob durch Demenz oder körperliche Einschränkung. Alle Pflegebedürftigen erhalten damit gleichberechtigt Zugang zu den Leistungen der
Pflegeversicherung. Und wir beginnen mit der Unterstützung deutlich früher – zum Beispiel wenn eine Dusche altersgerecht umgebaut werden muss oder Hilfe im Haushalt benötigt wird. Mittelfristig
könnten dadurch bis zu 500.000 Menschen zusätzlich Unterstützung erhalten. Außerdem entlasten wir pflegende Angehörige und sorgen dafür, dass sie in der Renten- und Arbeitslosenversicherung
besser abgesichert sind."
Bereits Anfang 2015 wurde mit dem Ersten Pflegestärkungsgesetz die Unterstützung für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen spürbar ausgeweitet. Mit dem Zweiten
Pflegestärkungsgesetz folgen nun weitere Verbesserungen. Insgesamt stehen ab 2017 jährlich fünf Milliarden Euro zusätzlich für die Pflege zur Verfügung. Außerdem wird die gesetzlich
vorgeschriebene Dynamisierung der Leistungen um ein Jahr auf 2017 vorgezogen. Damit stehen bereits 2017 weitere rund 1,2 Milliarden Euro für die Leistungen der Pflegeversicherung zur Verfügung.
Die finanzielle Situation der Pflegeversicherung macht es möglich, die Beitragssätze bis in das Jahr 2022 stabil zu halten. Das sind zwei Jahre mehr als bislang angenommen.
Das neue Leistungsrecht setzt das Ziel des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs, Hilfen zum Erhalt der Selbständigkeit und der verbliebenen Fähigkeiten
bereitzustellen, systematisch um. Fünf für alle Pflegebedürftigen einheitlich geltende Pflegegrade ersetzen das bisherige System der drei Pflegestufen und der zusätzlichen Feststellung von
erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz (insbesondere Demenz). Die bisherigen Leistungen für Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz werden in das reguläre Leistungsrecht
integriert. Alle Pflegebedürftigen erhalten damit gleichberechtigten Zugang zu den Leistungen der Pflegeversicherung.
In Zukunft werden körperliche, geistige und psychische Einschränkungen gleichermaßen erfasst und in die Einstufung einbezogen. Mit der Begutachtung wird der Grad der Selbstständigkeit in sechs verschiedenen Bereichen gemessen und – mit unterschiedlicher Gewichtung – zu einer Gesamtbewertung zusammengeführt. Daraus ergibt sich die Einstufung in einen Pflegegrad. Die sechs Bereiche sind:
Hauptleistungsbeträge in Euro
PG1 | PG2 | PG3 | PG4 | PG5 | ||
Geldleistungen ambulant | 125* | 316 | 545 | 728 | 901 | |
Sachleistungen ambulant | 689 | 1298 | 1612 | 1995 | ||
Leistungsbetrag stationär | 125 | 770 | 1262 | 1775 | 2005 |
(* Als Geldbetrag, der für Erstattung der Betreuungs- und Entlastungsleistungen zur Verfügung steht.)
Die Unterstützung setzt künftig deutlich früher an. In Pflegegrad 1 werden Menschen eingestuft, die noch keinen erheblichen Unterstützungsbedarf haben, aber zum
Beispiel eine Pflegeberatung, eine Anpassung des Wohnumfeldes (z.B. altersgerechte Dusche) oder Leistungen der allgemeinen Betreuung benötigen. Somit wird der
Kreis der Menschen, die erstmals Leistungen der Pflegeversicherung bekommen, deutlich erweitert. In den kommenden Jahren wird mit zusätzlich 500.000 Anspruchsberechtigten gerechnet.
In der vollstationären Pflege kommt es für die Betroffenen nicht auf die Höhe der Leistungsbeträge an sondern auf die Höhe des Eigenanteils, der aus eigener Tasche
bezahlt werden muss. Dieser Eigenanteil steigt bisher mit der Einstufung in eine höhere Pflegestufe. Künftig wird der pflegebedingte Eigenanteil mit zunehmender Pflegebedürftigkeit nicht mehr
ansteigen. Dadurch werden viele Pflegebedürftige entlastet. Alle Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 bezahlen in einem Pflegeheim den gleichen pflegebedingten Eigenanteil. Dieser
unterscheidet sich zwischen den Pflegeheimen. Im Bundesdurchschnitt wird der pflegebedingte Eigenanteil im Jahr 2017 voraussichtlich bei rund 580 Euro liegen. Hinzu kommen für die
Pflegebedürftigen Kosten für Verpflegung, Unterkunft und Investitionen. Auch diese unterscheiden sich von Pflegeheim zu Pflegeheim.
Wer bereits Leistungen der Pflegeversicherung bezieht, wird per Gesetz automatisch in das neue System übergeleitet. Niemand muss einen neuen Antrag auf Begutachtung
stellen. So wird für die Betroffenen unnötiger zusätzlicher Aufwand vermieden. Dabei gilt: Alle, die bereits Leistungen von der Pflegeversicherung erhalten, erhalten diese auch weiterhin
mindestens in gleichem Umfang, die allermeisten erhalten sogar deutlich mehr.
Konkret gilt die Formel: Menschen mit ausschließlich körperlichen Einschränkungen werden automatisch in den nächst höheren Pflegegrad übergeleitet. (Beispiele:
Pflegestufe I wird in Pflegegrad 2, Pflegestufe III wird in Pflegegrad 4 übergeleitet). Menschen mit geistigen Einschränkungen
kommen automatisch in den übernächsten Pflegegrad. (Beispiel: Pflegestufe 0 wird in Pflegegrad 2, Pflegestufe II mit eingeschränkter Alltagskompetenz wird in
Pflegegrad 4 übergeleitet.)
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit